Spiritualität

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wenn ich in diesen Tagen mit offenen Augen die Natur wahrnehme, sehe ich, wie kraftvoll alles grünt und blüht. Die Natur steht voll „im Saft“. Diese Zeit ist eine ganz besondere Zeit, finde ich. Die Gerüche, die Farben, die Fülle sind eine Wohltat für Leib und Seele. Da tut es gut, nach draußen zu gehen. Die Natur ist eine große Kraftquelle.
Viele haben das auch in der langen Corona-Zeit ganz neu erfahren. Umso schöner ist es, dass man jetzt wieder mehr im Freien machen kann. Und natürlich hoffen wir, dass sich im Sommer das Wetter noch häufiger von seiner schönen Seite zeigt. Hildegard von Bingen (1098- 1179), die Benediktinerin, Mystikerin und Naturforscherin spricht von der „Grünkraft“ (lateinisch: „viriditas“), die in der ganzen Schöpfung zu entdecken ist. Die Grünkraft will Wachstum, Leben, Lebendigkeit, Vielfalt und drängt mit großer Kraft ans Licht, auch durch Widerstände und Hindernisse hindurch. Besonders eindrucksvoll ist das immer wieder zu beobachten, wenn eine Pflanze sogar den Asphalt oder eine Mauer durchbricht. Da wundern wir uns, wie das möglich ist und sich das Leben einen Weg sucht, auch durch Widerstände und Hindernisse hindurch.
Hildegard ist überzeugt, dass der Heilige Geist, dessen Geschenk wir an Pfingsten gefeiert haben, in allem wirkt. Sie verbindet ihn mit der Grünkraft. Sie schreibt: „Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und ihre Farbe ist grün.“ Für Hildegard ist die Grünkraft überall in der Schöpfung zu finden, in jeder Kreatur, in Menschen, Tieren, Mineralien, aber auch in Gesellschaft und Kirche. Es kommt darauf an, sie wahrzunehmen und alles zu tun, dass sie mehr und mehr zum Durchbruch kommt.
Wir dürfen darauf vertrauen, dass da etwas wirkt, was die Dinge zum Guten bringt. Im Gottesdienst feiern wir die schöpferische Kraft Gottes, den wir als dreieinigen Gott, als Vater, Sohn und Geist bekennen.
Es grüßt Sie
Ihr Pfarrer Erik Zimmermann