Spiritualität

Liebe Leserin, lieber Leser!

„Täglich nehmen wir Abschied und sind doch ungeübt darin.“ In den letzten Tagen ging mir dieser Satz öfter durch den Kopf. Warum? Weil das Wetter draußen schon an das Ende des Sommers erinnert? Weil mein jüngster Sohn bald für ein ganzes Jahr nach Taiwan geht? Weil ich vielen Menschen begegnet bin, die sich in einer Trauersituation befinden?
Abschiede gehören zu unserem Leben dazu. Abschiede von lieben Menschen, von Lebensplänen, von der Gesundheit, vom Beruf, vom Sommer. Wir alle haben schon Abschiede erfahren. Und doch tun wir uns schwer damit. Wir trauern.
Bei Dr. Google lese ich: „Trauer ist eine, durch einen schwerwiegenden Verlust verursachte Gemütsstimmung, die etwa durch den Verlust einer geliebten oder verehrten Person, durch einen ideellen Verlust oder die Erinnerung an solche Verluste hervorgerufen wird.“
Die bekannte Schweizer Psychologin Verena Kast unterscheidet vier Phasen der Trauer: „Nicht-Wahrhaben-Wollen“, „Aufbrechen von Emotionen“, „Suchen und Sich Trennen“, „Neuer Selbst- und Weltbezug“. Trauer ist eine Entwicklung. Am Anfang steht ein Verlust, am Ende eine Neuorientierung des gesamten Lebensgefüges. Art und Dauer des Geschehens und der einzelnen Phasen variieren. Sie werden von der Persönlichkeit des Trauernden, den Umständen des Todes und der Beziehung zum Verstorbenen bestimmt.
Das deckt sich mit meiner Erfahrung: Jeder Mensch trauert auf seine Weise. Niemand darf darüber urteilen. Wichtig ist, anderen einen Raum für ihre Trauer zu geben. Und darauf zu vertrauen, dass sie den Weg zurück ins Leben finden.
Zur Zeit höre ich das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms, ein tröstliches Werk. Da heißt es: „Die mit Tränen säen, / werden mit Freuden ernten. / Sie gehen hin und weinen / und tragen edlen Samen, / und kommen mit Freuden /und bringen ihre Garben.“ (Ps 126).

Es grüßt Sie
Ihr Pfarrer Erik Zimmermann