Webandacht: Zeit fürs Wesentliche

  • Pfarrer Matthias Ratz

Unter dem Titel „Zeit fürs Wesentliche“ sind alle evangelischen Gemeinden unserer Landeskirche angehalten, sogenannte Vereinbarungen mit den Pfarrerinnen und Pfarrern zu erstellen, in denen die genauen Aufgaben definiert und mit Zeitansätzen hinterlegt werden.

Der Prozess, auf diese Art und Weise die eigene Arbeitszeit zu hinterfragen, ist durchaus spannend, grade im Team und nicht nur für den Pfarrberuf: Allein die Frage, wie lange eine Tätigkeit dauert, ist ja nicht konfliktfrei. Was der einen leicht fällt, beschäftigt den anderen lange. Manche Predigt z.B. schreibt sich wie von selbst, an anderen sitzt man stundenlang. Und: welche Aufgabe hat grade Vorrang: die lang geplante Schreibtischtätigkeit oder der unerwartete Anruf? In welches Thema stecke ich Zeit und Energie und in welches im Umkehrschluss dann eben nicht? Kann, muss, darf ich im Kontakt mit Menschen überhaupt auf die Uhr gucken? Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist es doch kaum zu rechtfertigen, wenn ein Gespräch mit einem einzelnen Menschen zwei Stunden dauert – für diesen Menschen ist es aber grade notwendig.

Vielleicht ist es aber auch deswegen so schwierig, Arbeitszeiten für Pfarrpersonen zu definieren, weil wir im Grunde einen Dienst tun, der allen Christinnen und Christen aufgegeben ist. Jede und jeder ist aufgerufen, den eigenen Glauben zu bezeugen und einladend von der frohen Botschaft von Gottes Liebe zu erzählen (Verkündigung). Jede und jeder soll ein offenes Ohr für die Sorgen der Mitmenschen haben (Seelsorge). Jede und jeder kann auf die je eigene Art und Weise Bedürftigen Gutes tun (Diakonie). Diejenigen, die dazu befähigt sind, sollen selbst Angebote in der Gemeinde machen und Verantwortung übernehmen (Leitung).
Der Dienst von Pfarrerinnen und Pfarrern ist immer ein Dienst in Gemeinschaft mit anderen – auch wenn das beide Seiten leicht vergessen. Es ist ein gemeinsamer Dienst für die Menschen und zur Ehre Gottes. Dann ist der gemeinsame Dienst auch „Zeit fürs Wesentliche“.

Matthias Ratz, Trier


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