Webandacht: Würde ist kein Konjunktiv

„Unser Haus. Zehn Wohungen. Zehn Schicksale. Zehnmal Leben.“ So heißt die Theaterperformance in der Treverispassage. Oder doch die Realität? Letzten Sonntag war ich mir nicht mehr so sicher, als die Hochrechnungen übers Handy kommen, während wir, die unterschiedlichsten Ensembles die letzten Aufführungen spielten. Kleine Alltagsszenen, lustig, berührend, entlarvend, auf jeden Fall hinterfragend, sich stark machend für eine bunte Viel-falt in der Gesellschaft. Die ohne moralischen Zeigefinger etwas erzählen von Rassismus oder Homophobie. Die fragen nach der Rolle von Frauen in der Arbeitswelt. Oder zeigen, wie Inklusion einfach sein kann. Alltag – nicht rosa-glitzernd, sondern wie er ist – mit seinen Fragen nach Gerechtigkeit für alle, nach Würde im Miteiander auf den unterschiedlichsten Ebenen. Und irgendwie geben sich Theaterperformance und Realität die Hand.

Auch wenn ich nichts an den Wahlen ändern kann; manche politische Äußerungen ertragen muss, weil das zum Alltag in der Demokratie gehört. Auch wenn mich im Alltag unverholen menschenverachtende Äußerungen wirklich ekeln – eines trägt mich in dieser Woche – „Würde ist kein Konjunktiv.“ Menschenwürde gilt. Allen. Sie dürfen sie gerne als Wort aus dem Grundgesetz heraus verstehen. Oder aus philosophischen Einsichten. Oder ethischen Erkenntnissen. Mir hilft es, im Gegenüber ein Geschöpf Gottes zu sehen. Selbst wenn es mir schwer fällt. Paulus hatte seine Sicht der Dinge: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus.“ Für mich ist Würde so. Kein Konjunktiv. Sondern: sein.

Pfarrerin Vanessa Kluge, Ehrang


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