Webandacht: Digga, wo ist Gott?

„Digga, wo ist Gott?“ – ist unter einem Kruzifix zu lesen, das die Konfis gebaut haben.
Und auf die Frage, was der Mensch, der an diesem Kreuz hing, vielleicht sagen würden, haben sie genau das dazu geschrieben: „Digga, wo ist Gott?“

Wir hatten im Gespräch zusammengetragen, wo uns im Alltag Kreuze begegnen. Gemeinsam hatten wir den Kreuzigungsbericht aus dem Markusevangelium gelesen. Am nächsten Tag sind wir mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden in den Wald gezogen und haben Material gesucht, um selbst kleine Kreuze, genauer gesagt: Kruzifixe, zu bauen. Die jungen Leute waren mit viel Begeisterung dabei, fanden Stöcke, Steine, Blätter, Rinde, Zapfen und vieles mehr, was sie zusammen mit Material aus dem Bastelladen verbauten. Die entstandenen Kunstwerke waren beeindruckend. Noch beeindruckender war die Auswertung, bei der die Jugendlichen die Kreuze der anderen kommentierten und interpretierten.

„Digga, wo ist Gott?“ In Jugendsprache wird hier eine der ältesten Fragen der Theologie gestellt. „Wo ist Gott?“ Jesus selbst hat nach der Überlieferung am Kreuz hängend mit Psalm 22 gefragt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – „Digga, wo ist Gott?“ ist im Grunde eine moderne Übersetzung dieser Frage. Die Frage stellte sich Jesus damals am Kreuz und sie stellt sich bis heute Jedem und Jeder angesichts von Leid und Schmerz in der Welt. Eine wirklich zufriedenstellende Antwort darauf gibt es wohl nicht. Die Konfi-Kruzifixe spannten in ihrer Gestaltung einen großen Bogen: Von eindrücklichen Darstellungen des Leidens bis zu fröhlich-bunten Kunstwerken der Hoffnung. Und dort fanden sich viele tröstliche Hinweise auf genau diese Frage nach Gott: „Gott ist immer da“, konnte man mehrfach lesen. Zu einem mit Waldmatsch verkrusteten Kreuz schrieb jemand: „Gott ist auch im Dreck.“. „Gott leidet mit“, stand unter einem mit roter Farbe besonders blutig gestalteten Kreuz. Und zu einem farbigen Kreuz, auf dem die Jesusfigur mit einem lachenden Mund gezeichnet war, stand geschrieben: „Jesus sieht gar nicht traurig aus, weil er weiß, dass alles gut wird.“

Pfarrer Matthias Ratz, Trier


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