Webandacht: Von Spinnennetzen und Krisen

Wenn es im September morgens langsam kühler wird, liegt wieder Tau auf den Wiesen, Hecken und Pflanzen. Im Gegenlicht der aufgehenden Sonne kann man dann im Garten manchmal Spinnennetze sehr gut erkennen. Die finde ich faszinierend. Die Gleichmäßigkeit der Netze, ihre Belastbarkeit.

Mit den Netzen fängt die Spinne Insekten, um sich von ihnen zu ernähren. Manchmal wird so ein wunderbares Netz zerstört. Weil man es nicht gesehen hat und einfach durchgelaufen ist oder ein Sturm dann doch zu stark war. Und was macht die Spinne? Sie spinnt einfach ein neues Netz. Das ist doch mal ein Umgang mit einer Krise. Die Krise für die Spinne heißt: Ohne Netz gibt es weniger Nahrung. Insofern ist das wirklich existentiell für sie. Und deshalb finde ich: von der Spinne kann ich was lernen. Besonders in schweren, krisenhaften Zeiten. Davon haben wir ja gefühlt gerade viel zu viele. In der Bibel steht: „Der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen. Vielmehr gibt er uns Kraft, Liebe und Besonnenheit.“ Die Motivation, die in diesem Satz steckt, finde ich bemerkenswert, ja sogar überragend. Das soll doch heißen: Ich bin von Gott beschenkt mit Energie, Einfühlungsvermögen und Gelassenheit. Das gilt gerade für Krisenzeiten. Also Situationen und Tage, an denen ich mich frage, was die Zukunft bringen wird. Die Fragen nach der Entwicklung der Preise im Winter, nach der Energieversorgung und -sicherheit, und manchmal auch die Angst, was werden wird.

Zurück zur Spinne: sie spinnt einfach weiter. Baut ihr Netz neu auf, wenn es zerstört ist. Besinnt sich auf das, was sie kann, ganz egal, was passiert. Daher ist es für mich gar nicht spinnert, mir an der Spinne ein Beispiel zu nehmen. Ich glaube immer noch, dass wir viele Möglichkeiten haben: Energie zu sparen, wo es nur geht, viel mehr regenerative Energie einsetzen, kreativ sein und vieles mehr. Dazu glaube ich, dass auch Gott mich mit Kraft, Liebe und Besonnenheit dazu befähigt, meine Gaben gut einzusetzen. Und das hilft mir auch.

Dr. Jörg Weber, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Trier


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