Spannende Einblicke in den Kirchenkampf – Erik Zimmermann legt umfangreiche Monografie zur Hunsrücker Pfarrbruderschaft vor

Hunsrück. Die Hunsrücker Pfarrbruderschaft spielte in der Zeit des Kirchenkampfes eine wichtige Rolle. Mit der Dissertation „Die Hunsrücker Pfarrbruderschaft in der Zeit des Nationalsozialismus“ legt der Hottenbacher Pfarrer Erik Zimmermann nun erstmals eine umfassende Darstellung dieses kirchlichen Netzwerks mit vielen neuen Einblicken und Hintergründen zu dessen Entstehung und Handeln vor.

„Es ist eine Geschichte von Licht und Schatten. Und sie zeigt alle Nuancen menschlicher Stärken und Schwächen“, unterstreicht Erik Zimmermann. Die Pfarrer im Hunsrück seien keine strahlenden Helden gewesen, auch sie hätten Zweifel, Sorgen und Ängste gehabt, aber sie hätten in einer Zeit, in der der Staat den Zugriff auf alle Bereiche des Lebens anstrebte, klare Zeichen der Zivilcourage und der Mitmenschlichkeit gesetzt, so der Theologe.

Seit mehr als 20 Jahren forscht Erik Zimmermann zur Hunsrücker Geschichte, mehrere Bücher hat er bereits veröffentlicht, ebenso zahlreiche vielbeachtete historische Aufsätze. Nun also diese Monografie über die Hunsrücker Pfarrbruderschaft. Die Idee dazu entstand vor etwas mehr als zwei Jahren in Hottenbach. „Hier wurde das Internetprojekt Kultur Landschaft Digital durchgeführt. Hottenbach war eine der Modellgemeinden zum Thema Landjudentum.

Dabei kam die Frage auf, wie sich denn die Kirchen in der NS-Zeit verhielten, wie die Pfarrer zu den Juden standen und ob die Kirche auch Widerstand geleistet habe“, erzählt er. Damit hatte er sein Thema gefunden. „Mit einzelnen Aspekten dazu hatte ich mich schon beschäftigt, so über den Kirchenkampf im Kirchenkreis Trier. Nun ging es aber um eine Gesamtschau“, ergänzt Zimmermann. Und rasch war er bei der Arbeit.

„Dann sagte ich mir, wenn doch nochmals ein Buch schreiben, warum nicht dann direkt eine Doktorarbeit?“ Gefragt, getan. Der Fachbereich Philologie und Kulturwissenschaft der Universität Koblenz und der Kirchenhistoriker Professor Dr. Thomas Schneider nahmen die Dissertation an, innerhalb von nur anderthalb Jahren entstand die Arbeit, die nun veröffentlicht wurde.

Bei seinen Forschungen stieß Zimmermann auf die Aussage von Hermann Lutze, damals Pfarrer in Kleinich und einer der zentralen Personen der Hunsrücker Pfarrbruderschaft. Lutze hatte 1978 in einem ersten Aufsatz über deren Geschichte gemeint, dass es nicht viele Akten über diese Zeit geben würde. „Sowas reizt natürlich einen Historiker“, meint schmunzelnd Erik Zimmermann. Und schnell zeigte es sich, dass die Aussage von Hermann Lutze so auch nicht zutrifft.

„Ich bin in vielen Gemeindearchiven fündig geworden, ebenso in Nachlässen und Personalakten der Akteure“, unterstreicht der Pfarrer. Und auch die Lageberichte der Geheimen Staatspolizei, die er erstmals zur Geschichte der Hunsrücker Pfarrbruderschaft sichtete, ergaben viele Hinweise und Einblicke in dieses Hunsrücker Netzwerk. „Am Ende zeigte sich, dass die Hunsrücker Pfarrbruderschaft viele Spuren hinterlassen hat, die in Archiven zu finden sind“, so Erik Zimmermann.

Herausgekommen ist eine spannende und umfangreiche Netzwerkanalyse einer Pfarrergemeinschaft in der NS-Zeit, die zeigt, wie eng die Akteure dieser Jahre miteinander verbunden waren, wie sich hier ein enges, ja fast familiäres Beziehungsgeflecht entwickelte, das die Pfarrer weit über das Ende des Kirchenkampfes hinaus prägte und miteinander verband. „Es waren nicht nur Einzelakteure, sondern sie hielten viele Kontakte, tauschten sich aus, unterstützten sich und suchten Rat und Hilfe“, so Erik Zimmermann.

Und was seine Arbeit auch zeigt: Es war kein Zufall, dass diese Pfarrbruderschaft so wirkmächtig im Hunsrück wurde. „Gerade der Hunsrück, seine Mentalität, die Menschen und auch die wirtschaftliche Situation prägten die Arbeit der Pfarrbruderschaft. Aber umgekehrt wirkte dieses Pfarrernetzwerk auch in die Region hinein“, macht Erik Zimmermann deutlich. Erstmals sei eine Polarisierung in der Hunsrücker Bevölkerung feststellbar, Dorfgemeinschaften seien gespaltet worden und auch das Pfarrerbild änderte sich für die Menschen. „Und die Pfarrer erfüllte es dabei mit großer Genugtuung, dass gerade ihrem Tätigkeitsbereich, der bis ins 20. Jahrhundert als Rheinisch-Sibirien verschrien war und als eine arme und rückständige Gegend galt, eine Vorreiterrolle in der Zeit des Kirchenkampfes zukam“, so der Hottenbacher Pfarrer.

Es ist eine gelungene Darstellung des Hunsrücker Kirchenkampfes, die viele Einblicke erlaubt und sicher auch die Grundlage für weitere kirchenhistorische Forschungen sein wird. Gefördert wurde die Arbeit, die in der Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte erschienen ist, aus Mitteln der Kirchenkreise Simmern-Trarbach und Trier sowie der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Erik Zimmermann: Die Hunsrücker Pfarrerschaft in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945), Bonn 1924. Der Autor stellt das Buch am 20. November (Buß- und Bettag) um 18.30 Uhr in Hottenbach im Anschluss an einen Gottesdienst vor. Im Kirchenkreis Simmern-Trarbach ist eine Vorstellung zu Beginn des neuen Jahres vorgesehen.

  • Dieter Junker
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