Webandacht: Nebel = Leben

Boah – die Woche lief nichts so richtig rund. Der Wurm war drin. Nichts geht mir von der Hand, immer ist noch was anderes. Ich ärgere mich über mich selbst, mein Zeitmanage-ment, das Chaos im Kalender und auf dem Schreibtisch. Also gucke ich raus in das trübe Tagesgrau. Nicht richtig hell – und ich denke „Der Nebel passt – das Leben ist gerade undurchschaubar.“ Verweile einen Moment, aber das macht keinen Spaß. Also zurück zu dem Schreibtischchaos. Das Handy piepst. Eine Nachricht von einer Freundin, die gerade im Dänemarkurlaub ist. Ein Foto kommt: Wald im Nebel. Noch eins: Wieder Wald im Nebel, aber da schimmert hell was. Noch eins mit so etwas wie Sonne. „Viele Grüße vom Spaziergang gerade. Es ist super nebelig. Aber ich mag das. Da ist manches nicht klar erkennbar, irgendwie weicher und wenn dann die Sonne kommt. Das liebe ich. Versteh gar nicht, warum Nebel alle doof finden.“ Ich muss unwillkürlich lachen  und schreibe „Gilt auch deine Nachricht als Sonnenschein hier im Nebel?“ Sie antwortet prompt „Natürlich! Ich hab gerade an dich gedacht, daher die Aufmunterung. Also halt die Ohren steif und hast du nicht mal was von Nebel und Leben erzählt?“ Stimmt. Nebel rückwärts gelesen heißt Leben. Das hatte ich irgendwo mal gelesen und ihr erzählt. Und ich kann nicht sagen warum, aber irgendwie läuft es von da an zwar nicht rund. Aber runder. Abends guck ich mir die Bilder noch mal an. Schmunzle über das graue Alltagschaos. Freue mich an ihrer Aufmunterung und denke: Wieder ein Tag, wieder ein Geschenk. Der Psalmbeter würde sagen „Gott, in deinem Licht erkennen wir das Licht“ – gut, das sehe ich vielleicht nicht immer, aber dafür im Nebel das Leben. Das reicht auch.

Pfarrerin Vanessa Kluge, Ehrang


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