Letzte Woche beim Seniorennachmittag. Es ist eine kleine Gruppe. Viel Vertrauen und Mut für Gespräche. Darüber, wie es ist, wenn der Mann stirbt und der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Es gibt Tränen und einander trösten, Lachen und Erinnern. Beim Abschied fällt mir auf, dass alle Damen, modische jugendliche Jacken tragen. „Mensch, ihr seht richtig flott aus!“ rufe ich. „Na, ich bin ja auch ein flotter Käfer“, sagt die fast 80-Jährige. Die jüngst Verwitwete der Runde lächelt: „Gut gesagt“. Und die gesundheitlich Angeschlagenste geht lachend in Richtung Rollator. Ich begleite die Damen raus. Völlig fasziniert von dieser Lebensfreude sage ich: „Bleibt gesund ihr flotten Käfer – bis zum nächsten Mal.“ Ein fröhliches „Jawohl“ kommt zurück. Der Rollator wird zur Seite geschoben „Lass dich mal drücken, du, Vanessa, bist auch ein flotter Käfer.“ Ich muss lachen. Die Damen machen sich heiter auf den Weg. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt solch tiefe Lebensfreude erlebt habe, die sich nicht vor dem Leben fürchtet, sondern nährt aus unfassbarer Zuversicht und einer liebevollen Respektlosigkeit dem Alter gegenüber. Wie wunderbar, dass es uns gelungen ist, den Raum zu schaffen, indem dies möglich ist. Zu wissen, dass Schicksalsschläge uns alle fies beuteln und dennoch mit frecher Neugier ins Leben zu gehen. Wie also ob sie sagen wollten „Wer weiß was kommt – ich will doch das Beste am Schluss nicht verpassen!“ Keine der Damen sah verkleidet aus. Es war ihre innere Haltung – die freche Neugier auf das Leben, den Alltag. Als flotter Käfer. „Wie wunderbar, dass Menschen so geschaffen sind“, denke ich. Ob so der Psalmbeter dachte, als er es sagte? Ich weiß es nicht. Dass Gott aber diesen Humor hat – davon bin ich zutiefst überzeugt.
Pfarrerin Vanessa Kluge, Ehrang
