EKD-Sportbeauftragter Thorsten Latzel zur „One-Love“-Binde: Macht bricht Moral

Dr. Thorsten Latzel, Sportbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und rheinischer Präses, sieht durch den Verzicht der deutschen Nationalmannschaft und weiterer europäischer Teams auf die „One-Love“-Kapitänsbinde bei der Fußball-WM in Katar die Glaubwürdigkeit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des internationalen Fußballs beschädigt.

„Die ganze Aktion um die One-Love-Binde ist zu einer einzigen Farce geworden“, sagt Latzel. Selbst dieses „minimale, symbolische Eintreten für Menschenrechte“ sei kassiert worden, kritisiert der Theologe: „In einer Machtdemonstration hat die Fifa den DFB und die anderen europäischen Fußballverbände vorgeführt.“

Beim Weltfußballverband Fifa braucht es dringend Veränderung

„Das fatale Signal ist: ,Wir treten für ethische Werte ein – wenn es uns die Fifa erlaubt’“, kritisiert Latzel: „Macht bricht Moral.“ Gerade mit Blick auf die Funktion des Fußballs, Werte an junge Menschen zu vermitteln, halte er das für desaströs, sage der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Beim Weltfußballverband Fifa brauche es dringend Veränderung, und die europäischen Verbände hätten auch Macht dazu.

Mit bewusst unklar formulierten Androhung gearbeitet

Die Fifa hatte dem Deutschen Fußball-Bund und anderen europäischen Verbänden am Montag das Tragen der „One-Love“-Kapitänsbinde untersagt und nicht näher ausgeführte sportliche Strafen angedroht. Daraufhin verzichteten die Mannschaften auf das Tragen der Binde. Latzel kritisierte, dass die Fifa erst unmittelbar vor dem Spiel England gegen den Iran am Montag reagiert und dabei mit einer bewusst unklar formulierten Androhung gearbeitet habe.

Verantwortung liegt bei Fifa, nicht den Spielern

Die Spieler nimmt der Sportbeauftragte im Gegensatz zu den Verbänden in Schutz: „Das sind meist junge Sportler, die ihr Leben lang trainieren und hier die oft einmalige Chance haben, bei einer WM zu spielen“, sagt er. Es sei eine Schande, dass diese sportliche Dimension so korrumpiert werden. „Die Verantwortung dafür liegt bei der Fifa, die derart problematische Rahmenbedingungen schafft, nicht bei den Kritikern“, unterstreicht der leitende Theologe der rheinischen Kirche.Dankbar zeigt sich Latzel, dass in vielen Medien kritisch berichtet werde, fügt aber hinzu: „Ob in dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukünftig weiter so extensiv über solche Veranstaltungen berichtet werden sollte, sollte man sich in den Rundfunkräten sehr genau ansehen.“

„One-Love“-Binde steht für Menschenrechte und Diversität

Die „One-Love“-Binde steht für Menschenrechte, Diversität und Frauenrechte sowie für den Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Homophobie. Sie zeigt den Slogan „One Love“ und ein buntes Herz. Das WM-Ausrichterland Katar steht wegen der Verletzung der Rechte von Frauen, Homosexuellen und Arbeitsmigranten in der Kritik.

 

  • 23.11.2022
  • epd/Ingo Lehnick
  • ekir.de/Dominik Asbach